Der Osten: Entdecke wo du lebst
Zielitz. Der Kampf ums weiße Gold
Die DDR nach dem Mauerbau 1961. Dem Land geht es wirtschaftlich schlecht. Es braucht Devisen, dringend. Es gibt nicht viel, was die DDR damals im Westen verkaufen kann – eines aber gibt es reichlich: den Rohstoff Kalisalz. Die Basis für Kali-Dünger, ohne den die Welt-Landwirtschaft nicht existieren kann. Außer der Sowjetunion und Kanada gibt es nur zwei Länder mit großen Kali-Vorkommen – die beiden Deutschlands.
Im Osten liegen die weit besseren Vorräte. Mit Millionen-Aufwand modernisiert die DDR deshalb nach dem Krieg ihre Bergwerke im Südharz und im Werra-Revier. Und Experten wissen: Es gibt noch mehr. Ein unerschlossenes Kali-Vorkommen, das größte Kali-Gebiet Mittel- und Westeuropas liegt nördlich von Magdeburg, unter Börde und Elbe. Aber die mächtigen Kali-Flöze der „Scholle von Calvörde“ liegen tief, bis zu 1.300 Meter unter der Erde. Jahrzehnte zuvor war ihre Erschließung gescheitert. Schächte waren abgesoffen, Unternehmer hatten ihr Vermögen verloren.
Aufbau des Werkes in Zielitz zu DDR-Zeiten
Anfang 1963 fasst die SED unter Walter Ulbricht einen spektakulären Beschluss: eine Investition von sage und schreibe 1,3 Milliarden Mark, eine der größten Investitionen der DDR-Geschichte, um das Kalisalz der „Scholle von Calvörde“ zu fördern. Das Forschungsinstitut des Kali-Kombinates im thüringischen Sondershausen erhält den Auftrag zu Erkundungsbohrungen. Wo ist wieviel Kali? Wie mächtig sind die Flöze? Wo ist das beste Salz, das mit dem hohen Kaliumoxidgehalt (K2O), der Goldwährung der Kali-Bergleute? Das Risiko ist hoch, denn die Mengen an Bohrkernmaterial sind gering.
Mehr geht nicht in so kurzer Zeit – 1964 muss es losgehen. Die Schachtbauer aus Nordhausen teufen die ersten Schächte. In allen Bergwerken des Landes werden neue Techniken extra für Zielitz erprobt. Am Dorfrand wächst ein 70 Meter hoher Förderturm in die Höhe und eine nagelneue Kali-Verarbeitungsfabrik wird gebaut. Die besten Kali-Experten werden nach Zielitz abkommandiert.
Export-Stopp, Neuorientierung und Treuhand-Krimi
Doch „vor der Hacke ist es dunkel“, sagt der Bergmann, weil man nie weiß, was einen unten im Berg erwartet. Flöze enden plötzlich im Nichts. Das Salz ist anders beschaffen als gedacht. Die Fabrik ersäuft Ende 1973 im Kali-Schaum. Und das vermeintlich so devisenträchtige Kalisalz aus Zielitz verstaubt den Hamburger Hafen samt Landungsbrücken derart, dass der Export gestoppt werden muss. Zu allem Überfluss soll das Kali-Werk dann auch noch Camping-Anhänger produzieren. Für den „Queck Junior“ nähen die Frauen des Kali-Werks Gardinen.
Doch all das kann die Bergleute von Zielitz nicht aufhalten – bis zum Ende der DDR. Dann gerät das Kali-Bergwerk von Zielitz in einen Treuhand-Krimi um Macht und Mammon. Denn Zielitz ist längst eine Perle auf dem Kali-Markt – und hart umkämpft.
Sendetermine
- 09.06.2020, 21:00 Uhr - MDR Fernsehen
Crew
Ein Film von Dirk Schneider
Kamera & Drohne Marc Voigt
Ton Claus Störmer Daniel Lipke
Schnitt Ferenc Stobäus
Grafik Ronald Grüner
Sprecherin Claudia Gräf
Produktionsleitung Sybille Mansour Michael Eckstein (MDR)
Produzent Olaf Jacobs
Redaktion Katrin Hartig Uta Kroemer